ECHO: Corona bestimmt nun seit einem halben Jahr unser aller Leben. Blicken wir zurück. Können Sie sich erinnern, wie Sie Mitte März den Lock down und die folgenden Tage und Woche erlebt haben?
Markus Erharter: Anfang des Jahres schätzten wir Corona noch als Krankheit fernab in Asien ein. Die rasante Ausbreitung des Virus in Europa und dann der doch recht kurzfristige Lockdown in Tirol hat uns schon überrascht. Nachdem wir bereits einige Jahre zuvor begonnen hatten, uns verstärkt der Digitalisierung zu widmen, haben wir uns in der Phase des Lockdown als Dienstleister leichter getan. Es wurden kurzfristig nur noch einige Laptops gekauft. Am Wochenende haben wir alles vorbereitet, am Montag die Computer mit Bildschirmen verteilt und die Mitarbeiter auf Homeoffice umgestellt. Die nächste Zeit war sehr fordernd, da neben der normalen und erweiterten Corona-Arbeit zusätzlicher Organisations- und Kommunikationsaufwand mit Mitarbeitern und Klienten zu bewältigen war. Beispielsweise haben wir uns intern einen „Corona-Ordner“ mit täglichen News angelegt, der inzwischen auf 79 Unterordner, 600 Datensätze mit über einem Gigabyte an Datenmenge rasant angewachsen ist.
ECHO: Wie hat sich die wirtschaftliche Lage Ihrer Kunden entwickelt und wie schätzen Sie heute die Lage ein?
Stefan Erharter: Wir vertreten verschiedene Branchen und sahen und sehen hier teilweise sehr unterschiedliche Entwicklungen. Der Großteil der Betriebe in Tirol ist entweder direkt oder indirekt mit dem Tourismus verbunden. Der längere Lockdown für die Hotellerie und Gastronomie hat zu einer dramatischen Situation geführt. Glücklicherweise konnten sich viele dieser Betriebe im Sommer erholen und mitunter sehr gute Ergebnisse erzielen. Aktuell führen allerdings erneute Reisewarnungen wieder zu massiven Verlusten von internationalen Gästen. Einige der davon mitbetroffenen Branchen sind beispielsweise Reisebüros, Transportunternehmen für den Personenverkehr, Eventmanager sowie Veranstalter von Messen und Kongressen. Viele der Dienstleister, wie beispielsweise Friseure oder Fahrschulen, hatten nach der Wiedereröffnung teilweise höhere Umsätze, da der Friseurtermin bzw. die Fahrstunde nachgeholt wurden. Der Bau, das Baunebengewerbe sowie Bauträger erleben, meiner Einschätzung nach, weiterhin ein starkes Wachstum und viele haben bereits die Auftragsbücher bis zur Hälfte des nächsten Jahres voll.
ECHO: Wie bewerten Sie die Hilfspakete des Bundes? Wie hilfreich waren diese Pakete?
Markus Erharter: Die Hilfspakete des Bundes wurden rasch geschnürt und medial gut vermarktet. Die bürokratischen Abläufe, verschiedene Anlaufstellen, sich ständig ändernde Auslegungen und zeitliche Abläufe waren dann für Unternehmer und Berater eine Herausforderung. Die Kurzarbeit, die eigentlich als erste schnelle Unterstützung gedacht war, wurde gleich zu Beginn der Coronakrise aufgrund der mehrmaligen Gesetzes- und Vorlagenänderungen ein erster Einstieg in die „Coronakratie“. Nachdem die Sozialpartnervereinbarung mit derzeit ca. 24 Seiten ausgefüllt dar und an die richtigen Stellen versandt wurde, galt es, die richtige Abrechnung zu gewährleisten. Speziell in der Lohnverrechnung hat sich gezeigt, dass hier unbedingt vereinfachende Maßnahmen zu setzen sind. In der Phase drei der Kurzarbeit ist durch einen Steuerberater die zukünftige Entwicklung des Unternehmens
- wie durch einen Blick in die Kristallkugel
- zu bestätigen.
Dies wirft schon Fragen auf.
Stefan Erharter: Der Härtefallfonds ist eine relativ unkomplizierte Hilfe für kleinere Unternehmen. Dieser kann, nachdem man erfolgreich seine GLN- bzw. KUR-Nummer gefunden hat, über eine Seite der Wirtschaftskammer beantragt werden. Meiner Einschätzung nach sollte und könnte diese Hilfe automatisiert werden, womit wiederum administrative Stunden von Unternehmern, Dienstleistern und WKO bzw. Behörden eingespart werden könnten. Der Fixkostenzuschuss ist eigentlich das größte und effektivste Instrument. Dieser muss über FinanzOnline beantragt werden und ab Fixkosten in Höhe von 12.000 Euro ist es notwendig, dass der Steuerberater die Eingaben bestätigt und übermittelt. Er klingt gut, einfach und schnell, jedoch steckt hier viel „Handarbeit“ im Detail. Zuerst müssen die „umsatzschwächsten“ Corona- Monate herausgefiltert werden. Das Mühsame ist hier, wie bei den anderen Hilfen, das Abstellen auf „Corona-Monate“ (16. 3. bis15. 4). Warum wurde hier dies nicht für die ersten 14 Tage verwendet und dann auf „normale“ Monate umgestellt? Unsere EDV-Anbieter haben uns natürlich Programme verkauft, mittels derer wir die Fixkosten rausfiltern können sollen. Jedoch erweist sich dies praktisch als schwierig, denn laut Vorgabe der Gesetzgeber müssen die Fixkosten nach dem Leistungszeitraum zugeordnet werden. Wird beispielsweise der Corona-Monat April gefördert und im Oktober eine Versicherungsprämie für das letzte halbe Jahr bezahlt, so muss diese Zahlung „abgegrenzt“ werden (theoretisch bräuchte man somit für jeden Monat eine Corona-Bilanz). Im Endeffekt arbeiten wir uns per „Handarbeit“ durch die Saldenliste und Konten und ermitteln so die entsprechenden Fixkosten. Auch hier kann man sich die Frage stellen, warum der Fixkostenzuschuss nicht pauschal für gewisse Branchen anhand der Kennzahlen in den Steuererklärungen ermittelt wurde (Beispielsweise Kennzahl Miete in Steuererklärung x 70 Prozent für gewisse Monate).
ECHO: Wie läuft das beim Fixkostenzuschuss zwei?
Markus Erharter: Der Fixkostenzuschuss zwei ist noch in der Warteschleife. Die Interessensvertretungen und Politiker haben bezüglich der Phase zwei des Fixkostenzuschusses noch Handlungsbedarf. Laut der von der EU noch nicht genehmigten Vorlage müssen nämlich die maximal sechs Betrachtungszeiträume für die zweite Phase an die erste Phase anschließen. Dies würde zu der eigenartigen Situation führen, dass die Hotellerie, die meist in der Phase eins die Betrachtungsräume von März für drei Monate gestellt hat, „nur“ daran anschließend die Fixkostenanträge für das dritte und vierte Quartal beantragen könnte. Die Fixkosten werden allerdings nur ab einem gewissen Umsatzausfall ersetzt. Somit gibt es nur theoretische Zuschüsse, da der Sommerumsatz meist gut war. Auch fehlen die Zuschüsse für die wichtige Wintersaison (erstes Quartal) im neuen Jahr, wo die Umsätze vermutlich fehlen werden.
Stefan Erharter: Der Investitionszuschuss ist ein Förderinstrument, das von vielen Unternehmen bereits in Anspruch genommen wurde bzw. angefragt wird. Dieser ist über das Austrian Wirtschaftsservice zu stellen und beträgt sieben bzw. 14 Prozent im Falle von Ökologisierung, Digitalisierung bzw. Gesundheit bei einer Mindestinvestitionsumme von 5000 Euro. Interessant hierbei ist, dass „nur“ erste Maßnahmen für aktivierungsfähige Neuinvestitionen in das abnutzbare Anlagevermögen in der Zeit bis Ende Februar 2021 zu setzen sind, jedoch die Umsetzung bis 28. 2. 2022 erfolgen kann. Es gilt also, gut zu planen. Hervorzuheben sind hier vor allem die Förderung von Elektro- und auch Hybrid-Fahrzeugen. Neben dem Kauf von Biomasse-Einzelanlagen wird auch der Anschluss an die Nah- bzw. Fernwärme ebenso gefördert wie die thermische Gebäudesanierung für ältere Objekte. Investition in Hardware, Software und Technologien werden gefördert, wenn sie unter anderem eine Digitalisierung von Infrastrukturen, Geschäftsmodellen und Prozessen begünstigen. Hier ist allerdings rasches Handeln gefragt. <<
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